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Nachdem ich als Teenager die religiös inspirierten Saxophonisten Eric Kloss und John Coltrane gehört hatte, begann ich Saxophon zu spielen und studierte in den späten 1990er Jahren in Berlin, der Schweiz, Indien und den USA Jazzsaxophon und Theorie. Ich hatte das Glück, Musiker zu treffen und von ihnen zu lernen, die betonten, dass Jazz in erster Linie eine spirituelle oder sogar "andächtige" Musik ist und habe daher immer nach diesen Verbindungen gesucht.
Aber was genau bedeutet das für die Musik, wie klingt sie "spirituell" oder sogar "religiös" - und wie kann ich Wege finden, Spiritualität mit der Musik, die ich gerne spiele, zu verbinden?
Im Jahr 2015 fing ich an, die Geschichte des Spiritual Jazz aus meiner eigenen spirituellen Heimat heraus, dem protestantischen Christentum, zu erforschen.
Ich widmete mich über einen Zeitraum von 6 Jahren einer Dissertation, die sich mit der christlichen Seite des religiös inspirierten Jazz beschäftigt, Worship in Jazz und Jazz in Worship. Entlang dieser Forschung gründete ich mit Jazzmusikern und Jazzliebhabern das Netzwerk bluechurch.ch. Wir gestalteten gemeinsam Festivals und Konferenzen und konnten eine Buchtrilogie über Spiritualität und Jazz aus christlicher Perspektive veröffentlichen.
Im Jahr 2023 begann ich eine neue Untersuchung, die Kernelemente des Jazz und seiner Aufführungspraxis untersucht, die im Laufe seiner Geschichte in verschiedenen Kulturen und Religionen auftauchen, besonders, wenn spirituelle Inspiration im Mittelpunkt steht. Das erste Ergebnis war das im November 2023 veröffentlichte Essay "Jazz und Spiritualität". In diesem Blog möchte ich einige Entdeckungen dokumentieren, die ich auf diesem Weg gemacht habe, und hoffe, dass Ihr, liebe Hörenden und Lesenden mir von eigenen musikalischen und spirituellen Erfahrungen berichten möchtet.
Mein Ausgangspunkt bei der Betrachtung der spirituellen Dimensionen des Jazz ist, dass diese dann auftreten, wenn eine Jazzaufführung für die Ausführenden und das Publikum gleichermaßen einen rituellen Charakter hat. Alle versammeln sich als Individuen, um dann aber für diesen einen besonderen Moment in Zeit und Raum eine Gemeinschaft von Zuhörerenden zu bilden und eine transformierende Erfahrung zu machen. Nach dem Konzert - oder einem besonderen Moment im Konzert - fühlen sie sich berührt, bewegt und verändert, was sich auch auf den Lebensalltag auswirken kann. Der afroamerikanische Tenorsaxophonist John Coltrane beschrieb sein Ziel mit seinem Musizieren, "die Menschen zu erheben", der südafrikanische Pianist Nduduzo Makhathini sieht seine Musik als ein Werkzeug, um Menschen zu heilen. Viele andere Musiker finden andere Worte für ihre “spirituelle Mission”, und auch ihre Zuhörer äußern sich auf unterschiedliche Weise dazu, warum sie den Jazz als spirituellen Erfahrung genießen können. Aber Künstler und ihr Publikum drücken gemeinsam das Bedürfnis nach einem Freiaum im Herzen dieser einzigartigen Momente aus. Einen offenen Raum des tiefen Hörens, ein Gefäß zur Sammlung und Erfahrung von Inspiration außerhalb des Bekannten, Erwarteten und bisher Gehörten. Um diesen Raum inmitten der Gemeinschaft der Zuhörer geht es in diesem Blog.